Am Dienstagvormittag sitze ich, seit ich nicht mehr zu einem Yoga-Kurs nach Gifhorn fahre, meistens am Schreibtisch und sortiere meine Unterlagen und damit mich, beantworte Mails und organisiere,
was in den nächsten Wochen und Monaten so passieren soll und wie es passieren soll. Es ist einerseits ganz schön, auch mal an einem Schreibtisch auf einem Stuhl zu sitzen und sich geschäftsmäßig
zu fühlen und nicht nur in der Trainingsklamotte auf einem - geliebten - Yogaklötzchen, andererseits ist es oft auch dröge, zwischen vielen Zetteln und To-Do-Listen herumzuwerkeln und ein
bisschen einsam so ohne andere Menschen um mich herum. - Aber manchmal gibt es auch sehr schöne Geschenke dabei. Am Wochenende hatte ich eine Sendung auf NDR gehört. Es ging um eine Nonne aus
Osnabrück, die ein zweistündiges Video aufgenommen hat, in dem sie zu sehen ist, wie sie Lateinvokabeln lernt. Sonst nichts. Sie sitzt einfach da und lernt. Veröffentlich wird dieses Video auf
der Lern-Plattform „Study with me“, die es seit Corona im Internet gibt. Dort gibt es bekanntermaßen einigen Unsinn, aber manchmal eben auch sehr gute Sachen. „Study with me“ zeigt einfach Leute
live oder im Video, die am Schreibtisch sitzen und lernen, sonst nichts. Ich fand das eine sehr lustige Idee und einen lustigen Bericht. Das Erzbistum Osnabrück hat dieses Video angefertigt, um
auf die Kirche, seine Vertreter und ihre Arbeit aufmerksam zu machen, eine PR-Aktion also. Irgendwie war ich neugierig und habe mich gleich mal im Internet nach dieser Plattform umgesehen und
auch angemeldet.
Heute war Dienstag, und ich hatte sehr langweilige Unterlagen zu sortieren, etwas, das mir auch gerne mal den Nerv raubt. Während ich so dasaß und in den Zetteln kramte, war mein Rechner nicht
weit. Gedacht, getan. Ich warf „Study with me“ an. Das Erste, was man sieht, ist eine Seite voll mit Leuten, die Lernen. Man selber kann hinschauen, ohne selbst gesehen zu werden. Hmmmm. Das fand
ich schon ganz unterhaltsam.
Mir war allerdings ein bisschen flau bei dem Gedanken, mich beim Arbeiten am Schreibtisch beobachten zu lassen. Aber ein bisschen neugierig eben auch, wie sich das so anfühlt. Und nach einigen
Minuten habe ich dann probehalber doch mal meine Kamera angeklickt. Das Gefühl war höchst erfreulich. Ich konnte mich selber gar nicht sehen, was man allerdings so einstellen kann, aber allein
das Gefühl, nicht ganz alleine hier am Schreibtisch zu sitzen, sondern irgendwie in Gemeinschaft mit Menschen auf der ganzen Welt - zumindest dem Augenschein nach ist die Crowd international -
war irgendwie toll. Und in der Tat hatte ich zwar einen gewissen Ablenkungsfaktor durch die anderen Gesichter, aber auch andererseits einen ordentlichen Schub, hier brav sitzenzubleiben und etwas
geschafft zu bekommen. Sehr schön, dieses Study with me, nach dem ersten Eindruck. Gute gelaunt und mit dem Befund "Viel geschafft" konnte ich nach einer Weile vom Schreibtisch aufstehen. Das
werde ich weiterhin machen und mich dabei sehr yogisch mit der Welt verbunden fühlen.